Von wegen Unsicherheit! 2028 bestimmt Superintelligenz Alltag und Wirtschaft. 

Wir leben in einer Zwischenzeit. Geschäftsmodelle und Arbeitsweisen passen nicht zu dem, was technologisch möglich ist und in Kürze möglich sein wird.

Bei meiner diesjährigen Lernwoche an der Harvard Business School haben wir uns mit dem derzeitigen Technologiesprung und dessen Auswirkungen auf zukünftige Geschäftsmodelle befasst.  

Wir leben in einer Zwischenzeit. Wir haben bereits die 5 G-Infrastruktur für Telekommunikation, die uns in die Lage versetzt, Daten um ein Vielfaches mehr, schneller und effizienter zu übermitteln. Zur Nutzung dieser Möglichkeiten gibt es zwar Ansätze, noch fehlt es aber an Geschäftsmodellen. Das Metaverse macht eine Pause. Die intelligente Vernetzung von Maschinen, Robotern und Sensoren in Fabriken für eine präzisere Planung und Steuerung von Produktionsprozessen und eine zeitgleiche Reaktion auf Störungen ist noch keine Selbstverständlichkeit. Gleiches gilt für digitale Zwillinge, virtuelle Abbilder von Anlagen, an denen man Simulationen zur Effizienzsteigerung durchführen könnte. Es ist eine Zwischenzeit wie die sechs Jahre zwischen 2002, der Einführung der 3G Telekommunikationsinfrastruktur, und 2008, als sich mit dem 3G-iphone ein bahnbrechendes Geschäftsmodell auf Basis dieser Technologie im Markt durchzusetzte. 

Wir leben in einer Zwischenzeit, weil die Potenziale der Künstlichen Intelligenz (KI) sich gerade erst entfalten. So beruhen viele bestehenden Geschäftsmodelle noch auf der Tatsache, dass wir Dinge nicht vorhersagen können. Wir bauen Logistikzentren, weil wir nicht wissen, welche Artikel Konsumenten kaufen werden; wir müssen also möglichst viele vorrätig halten, um rasch liefern zu können. Flughäfen sind Einkaufsmeilen, um Fluggästen unerwartete oder zur Sicherheit eingeplante Wartezeiten zu versüßen. Prada und Marco Polo setzen darauf. KI hingegen ermöglicht Vorhersagen. Das gilt bereits jetzt für das nächste Wort, das Copilot mir standardmäßig anbietet, wenn ich eine Email schreibe. Oder für eine Anfrage bei ChatGPT, die bestehende Informationen nutzt, um Informationen zu erzeugen, die noch nicht vorliegen. KI wird nun in steigernder Geschwindigkeit immer intelligenter, weil sie begonnen hat, eigenständig zu lernen („deep learning“).  

Mir wird klar, dass jede menschliche Vorhersage, ob und wann die Maschine den Menschen überholt, auf wackligen Beinen steht. Das gilt sogar für Fachleute wie den Ökonomen und KI Experten Bryan Caplan, der im Januar 2023 ausschloss, dass irgendeine Version von GPT vor 2029 in der Lage sei, im Standard Ökonomietest der amerikanischen Hochschulen eine Bestnote erzielen zu können – um zwei Monate später mit dem Erscheinen von Chat GPT 4.0 widerlegt zu werden. Die letzten zehn Jahre der Entwicklung von KI haben uns gelehrt, dass niemand gegen die Möglichkeiten des deep learning wetten sollte, auch wenn die Rechenkapazitäten, Energieaufwand -und kosten und Datenqualität zurzeit noch Begrenzungen darstellen. Das im Januar 2025 an die Öffentlichkeit getretene wesentlich effizientere Große Sprachmodell des chinesischen Unternehmens DeepSeek oder die Tatsache, dass Googles Gemini 1.5 Chat GPT in der Leistung deutlich übertrifft und zugleich zehnmal günstiger ist, lassen ahnen, dass diese Nadelöhre bald der Vergangenheit angehören könnten. In seinem empfehlenswerten Essay „Situational Awareness“ belegt der KI Architekt Leopold Aschenbrenner im Juni 2024, dass eine über deep learning entstehende Superintelligenz bis 2028 Realität sein wird. 

Wenn mit 5 G die Infrastruktur für den nächsten großen Technologiesprung bereits da ist und sich Künstliche Intelligenz in exponentieller Geschwindigkeit eigenständig weiterentwickelt: Was heißt das für unsere Unternehmen, für deren Geschäftsmodelle der Zukunft und die Entwicklung von Strategien? Höchste Zeit die Zwischenzeit vom Ende her zu denken und „Was wäre, wenn“-Fragen zu stellen. 

Was wäre, wenn wir heute mit Sicherheit wüssten, 

  • dass wir ab 2028 nicht mehr einen chatbot wie ChatGPT in sequentiellem Frage- Antwortspiel nur unter Nutzung des Internets bedienen, sondern KI in der Lage ist, länger nachzudenken, vor der Antwort eigenständig in den Dialog mit menschlichen und künstlichen Experten in- und außerhalb Deines Unternehmens zu gehen, um schließlich eine ausgereifte, durchdachte Ausarbeitung zu einem Problem mit Lösungsvorschlägen, deren Abwägung und einer Empfehlung zu geben? Wir mithin künstliche Mitarbeiter an Bord haben? 
  • dass der künstliche Mitarbeiter einen Computer nutzt, wie das heute Menschen tun, also eigenständig zoom Meetings aufsetzt, an ihnen teilnimmt, sie protokolliert, online Recherchen durchführt, Menschen anmailt, Dokumente liest und auswertet? 
  • dass KI in der Lage ist, eigenständig und proaktiv Berechnungen, Tests und Simulationen unter Berücksichtigung aller denk- und undenkbaren externen Faktoren besser und umfassender zu berechnen, als das jeder Mensch unter Zuhilfenahme eines Rechners könnte? 
  • dass Vorhersagen so präzise und die Maschinen-zu-Maschinen Interaktion so nahtlos und perfekt erfolgen, dass alle Geschäftsmodelle, die auf mangelnder Vorhersagemöglichkeit beruhen, überflüssig sind? 

Welche Auswirkungen werden diese und andere vorstellbare Tatsachen auf unser Geschäftsmodell haben? Ist es 2028 obsolet geworden? Wenn nicht, warum nicht? 

Wie geht Ihr mit der Lawine der Künstlichen Intelligenz um, die nun auf uns einstürzt? Welche Schlussfolgerungen zieht Ihr daraus für Eure Unternehmen? 

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