It’s the culture, stupid!

Viele hoffen, KI erleichtere Arbeit durch Automatisierung. Doch Ängste und Überlastung bleiben, wenn der Kulturwandel fehlt. Erst Räume für Neugier und gemeinsames Experimentieren machen KI im Unternehmen wirklich wirksam.

Hallo aus Hamburg,  vor zwei Wochen fragte mich ein Geschäftsführer: „Hast du einen Tipp, welche Beratung uns helfen kann, KI einzuführen, um unsere Prozesse zu vereinfachen?“ Viele Unternehmen hoffen, mit künstlicher Intelligenz (KI) administrative Arbeit zu erleichtern: Controlling betreiben, Daten abgleichen, Vertragsangebote prüfen, Termine koordinieren, Texte schreiben. Der erste Lösungsreflex: eine Beratung reinholen oder den Druck erhöhen. Zum Beispiel, indem neue Stellen nur noch genehmigt werden, wenn nachgewiesen ist, dass die Aufgabe nicht automatisierbar ist – so angeblich die Direktive bei Duolingo.

Solche Ansätze verstärken die ohnedies bestehenden Sorgen vieler Mitarbeiter: Soll uns KI unterstützen oder werden wir wegen KI Stellen abbauen? Ich beobachte zurzeit merkwürdige Widersprüche rund um das Thema Arbeitsplatz und KI. Auf der einen Seite steht die Angst vor Jobverlust durch KI. Auf der anderen Seite erleben wir bei Führungskräften und Mitarbeitern ein Gefühl der permanenten Überlastung durch zu viele operative Aufgaben und zu wenig Zeit für sinnvolle Arbeit. Viele machen den Eindruck, ausgelaugt zu sein. Ein Eindruck, den hohe Burn-out Raten und konstant hohe Krankheitsquoten zu bestätigen scheinen. Studien zeigen ferner, dass der Grad der privaten Nutzer von KI beträchtlich ist. Doch im Job? Da wird KI-Nutzung verschwiegen oder bewusst vermieden.   Diese Gegensätze sind Symptome eines grundlegenden Wandels. Die Integration von KI in Arbeitsprozessen hat nämlich weniger zu tun mit der Einführung einer neuen Software oder neuen Technologie. Sie stellt vielmehr einen Kulturbruch dar. Sie zwingt uns dazu, unsere Organisation neu zu denken: Was tun wir? Wie tun wir es? Was kann die Maschine, was der Mensch? Seit Jahrhunderten sind unsere Organisationen mit ihren Strukturen, Prozessen und Zielen um Menschen und deren Fähigkeiten herum gebaut. Doch viele dieser Aufgaben – produzieren, Marketing betreiben, Vertrieb machen, Prozesse steuern, Entscheidungen treffen – kann KI jeden Monat besser, schneller und präziser. Übermächtig stehen Ängste und Unsicherheiten im Raum: Wozu brauchen wir den Menschen noch?

Wir bei den company companions haben uns gefragt: Warum wird es unsere Beratungsgesellschaft 2030 nicht mehr geben – und warum doch? Aus dieser Frage ist eine Bewegung entstanden, bei der alle Kollegen KI Tools ausprobieren und Agenten erstellen, die uns von lästigen und doch notwenigen Arbeiten befreien: Rechnungslegung mit Zeiterfassung verknüpfen. Reisen planen. Einen Sanierungsplan erstellen, um auf der Grundlage weiterzudenken. Eine Marktstudie durchführen. Wertstromanalysen unterfüttern. Wir merken an uns selbst, dass der entscheidende Schritt zur Verankerung von KI in unseren Arbeitsalltag dadurch gelingt, dass wir eine Umgebung schaffen, die zu Neugier und zum  Ausprobieren ermuntert sowie zum offenen Teilen von Erfahrungen mit KI einlädt. Um KI im Unternehmen zu verankern, braucht es keine Aufstockung der IT Abteilung, sondern cross-funktionale Teams aus Technologen und Nutzern aus allen Arbeitsbereichen, gezielte praxisorientierte Anstöße von außen und Mentoren, die sich neben die Kollegen setzen und sie anleiten, alltägliche Anwendungsmöglichkeiten auszuprobieren. Als wir die Frage nach der Zukunft unseres Unternehmens stellten, war eine Kollegin kurz geschockt: „Was wird aus mir?“, ging ihr durch den Kopf. Kürzlich kam sie begeistert auf mich zu: „Ich würde mich am liebsten nur noch damit beschäftigen, wie wir uns mit KI verbessern können.“ Und zugleich frustriert: „Es gibt so viel zu entdecken. Wie soll ich da bloß hinterherkommen?“  Ein Trost: Wir erleben eine Entwicklung, dessen Ende niemand kennt. Wir hinken zwangsläufig hinterher. Also irren wir doch beherzt nach vorne.

Und noch eine gute Aussicht: Bisher hat jeder technologischer Innovationssprung nicht nur Arbeit ersetzt, sondern viel mehr neue Arbeit geschaffen. Warum sollte es diesmal anders sein? —Und ihr? Wie nähert ihr euch KI in eurem Arbeitsalltag und in euren Unternehmen?

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