
Zum Jahreswechsel ist die Jahresplanung in vielen Unternehmen spätestens Top-Thema. Leider auch eines, das häufig Energie raubt, ohne den erhofften Nutzen zu bringen. Über eine solide Basis hinaus wird teilweise bis ins letzte Detail geplant – manchmal zieht sich der Prozess sogar noch bis ins 2. Quartal oder der Plan wird ruck-zuck links und rechts von der Realität überholt. Ergebnis sind Zahlenfriedhöfe, die niemanden weiterbringen und viele Kollegen in Dauerlähmung versetzen.
Wer einem dynamischen Strategieverständnis folgt, muss den Planungsprozess vom Kopf auf die Füße stellen. Und zwar radikal, nicht nur kosmetisch. In unserem »Playbook Enterprise« haben wir sieben Leitsätze erarbeitet, die Euch helfen, aus dem Planen mehr ins Machen zu kommen.
1. Den bisherigen Prozess komplett loslassen
Der erste Schritt ist der schwerste: Trennt Euch von Eurem bisherigen Planungsprozess. Komplett. Warum? Weil jeder Versuch, ihn nur „zu optimieren“, dazu führt, dass alte Muster wie Unkraut wieder durchkommen. Ein zu detaillierter Blick aufs Budget, ein Übermaß an Abstimmungsschleifen, zu viele Pläne, die in der Schublade verstauben – all das gehört auf den Prüfstand.
Wenn das Fundament eines Hauses nicht mehr trägt, hilft auch keine neue Tapete. Also: abreißen und Platz für neues schaffen.
- Was würde passieren, wenn wir von heute auf morgen gar keinen Planungsprozess mehr hätten?
- Für welche Bereiche ist der Detaillierungsgrad hilfreich und für welche lähmend?
- Wer würde sich beschweren, wenn wir den Planungs-Prozess ändern?
2. Minimalismus: Der Kunde im Fokus
Wie viel Planung braucht es wirklich? Die Antwort: Weniger, als Ihr denkt. Beginnt mit der zentralen Frage: Was nützt dem Kunden? Das ist der Kompass für alles Weitere. Alles, was nicht auf die Kundenbeziehung einzahlt, kann getrost gestrichen werden.
Stellt Euch eine Reise vor. Statt jede Station minutiös zu planen, fokussiert Euch auf die wichtigsten Eckpunkte: Ziel, Route, Etappen, Zwischenstopps. Dasselbe gilt für die Unternehmensplanung. Haltet sie schlank und flexibel, statt Euch in Details zu verlieren.
- Wie viel Planung braucht es wirklich?
- Was nützt dem Kunden oder der Kundenbeziehung?
- Welche Schritte, Detailierungsgrade, Meetings oder Reports stiften keinen konkreten Nutzen?
3. Strategie und Planung: zwei Seiten einer Medaille
Planung ist nur dann sinnvoll, wenn diese direkt aus der Strategie abgeleitet wird. Was ist die Vision Eures Unternehmens? Wo wollt Ihr hin? Und – ganz entscheidend – wo nicht?
Die Kunst liegt darin, Prioritäten zu setzen. Denn Eure Ressourcen – Zeit, Budget, Aufmerksamkeit – sind begrenzt. Wenn z.B. Internationalisierung ein zentraler Bestandteil Eurer Strategie ist, solltet Ihr genau dort investieren. Wenn nicht: Dann nicht. Lieber mit Fokus und Durchschlagskraft als in zehn Richtungen gleichzeitig.
- Was bringt Euch der Unternehmensvision wirklich näher?
- Sind die Prioritäten benannt und für alle nachvollziehbar kommuniziert?
- Bilden die Ressourcenplanung und die KPIs die Prioritäten ab?
4. Mitarbeitern Verantwortung zutrauen
Effektive Planung funktioniert nur, wenn die Menschen, die sie umsetzen, Verantwortung übernehmen können – und wollen. Dafür braucht es Vertrauen und ein Umfeld, in dem sich jeder sicher fühlt, eigene Entscheidungen zu treffen. Psychologische Sicherheit ist das Stichwort. Mitarbeiter müssen wissen: Planungsfehler sind erlaubt, solange danach ein kollektiver Lernprozess einsetzt.
Statt Eurem Team genaue Vorgaben zu machen, setzt auf Rahmenbedingungen und Leitplanken. Kommuniziert das Ziel und holt zur Entdeckung des passenden Weges Eure Mitarbeiter mit ins Boot. Das ist noch keine 100%ige Geling-Garantie, fördert aber auf jeden Fall die gemeinsame Umsetzungskraft!
- Welche Zielvorgaben sind gesetzt und welche Leitplanken definiert Ihr für Euren Bereich?
- Wie beteiligt Ihr Euer Team an der Reiseplanung?
- Woran bemerkt Ihr, dass Eure Mitarbeiter Verantwortung übernehmen?
5. Kostenbewusstsein statt Excel-Wüsten
Budgetplanung ist oft der Bremsklotz jeder Diskussion. Zu detailliert, zu starr, zu aufwendig. Dabei geht es nicht um absolute Zahlen, sondern um das richtige Zahlenbewusstsein. Sorgt für Budget- und Kostentransparenz, statt mit Excel-Experten Zahlen- und Formelwüsten zu entwerfen. Um unternehmerisches Denken zu fördern, helfen oft einfache Regeln weiter: „Das Projekt darf X kosten – bringt es uns mindestens Y? Wenn ja, go!“
In dieser Radikalität ist die Umsetzung in größeren Unternehmen sicher herausfordernder, als in überschaubaren Strukturen. Aber es kann ja auch ein Anfang sein, mit einem flexiblen 20%-Anteil zu starten. Wie wäre es, wenn von einer bereichsübergreifenden Gruppe über das Jahr entschieden wird, in welche Themen oder konkrete Business Cases aus einem flexiblen Budget-Topf investiert wird?
- Welche Regeln oder ungeschriebenen Gesetze gibt es in Eurem Unternehmen zum Umgang mit dem Budget?
- Wie könnt Ihr mehr Transparenz bei Budget und Impact schaffen?
- Wie viel bewusste Flexibilität erlaubt Eure Budgetplanung?
6. Transparenz schaffen und Blindflug vermeiden
Ein schlanker Planungsprozess lebt von offener Kommunikation. Informationen, die in Hierarchien stecken bleiben, bremsen die Umsetzung. Sorgt dafür, dass jeder, der an der Planung beteiligt ist, Zugriff auf relevante Daten hat.
Ein zentrales Dashboard oder ein Dokument, in dem die wichtigsten Unternehmensziele und Kennzahlen auf einen Blick sichtbar sind, gibt Orientierung und vermeidet Missverständnisse.
- Wie zufrieden seid Ihr mit der Darstellung Eurer Planungsziele?
- Wie oft nehmt Ihr Bezug auf die KPI’s in Eurem Tagesgeschäft?
- Wann und wie oft passt Ihr Eure KPI’s an?
7. Klarheit und Ambition statt Scheingenauigkeit
Strategische Ziele sind der Kompass Eures Unternehmens. Doch Vorsicht: Zu viel Detailtreue schadet auf übergeordneter Ebene. Formuliert Eure Erwartungen klar und ambitioniert, statt Euch in Zahlen zu verlieren, die ohnehin kaum jemand verstehen, geschweige denn erreichen kann.
Das fängt schon bei der Wortwahl an. Formuliert als großes Ziel keine „Steigerung der Kundenzufriedenheit um 2,5 %“, sondern „Wir wollen die erste Wahl für unsere Kunden sein“. Ihr werdet sehen: Es fällt leichter, diese Ziele in einzelne Maßnahmen zu übersetzen – und für diese dürfen die Ziele dann auch gern wieder mit konkreten messbaren Werten verknüpft werden.
- Wie habt Ihr die Ambitionen Eures Unternehmens formuliert?
- Schafft Euer Team, die übergeordneten Ziele im Kopf zu behalten?
- Kann jeder Mitarbeiter die aktuelle strategische Ambition in 3 Sätzen auf den Punkt bringen? Und den eigenen Beitrag benennen?
The fewer, the better fare
Minimalismus ist der Schlüssel – nicht als Selbstzweck, sondern als Haltung. Denn am Ende geht es darum, Eurem Unternehmen die Freiheit zu geben, sich auf das Wesentliche und möglichst Konkrete zu konzentrieren. So überführt Ihr die Planung in mehr konkretes Handeln in der unternehmerischen Gegenwart, statt mit abstrakten Zahlenwerken zu operieren. Und die erfolgreiche Umsetzungsquote ist die einzige Währung, die zählt!
Foto von Christina Morillo: https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-der-vor-der-weissen-tafel-steht-1181345/