Hallo aus Hamburg,
unternehmensweite Umfragen zur Mitarbeiterzufriedenheit haben Hochkonjunktur. In Zeiten, in denen allerorten über Homeoffice-Regelungen diskutiert wird, händeringend Arbeitskräfte gesucht werden und die Zukunftsaussichten unsicher sind, wollen sich viele Unternehmensleitungen der Motivation ihrer Mitarbeiter versichern und die Leistungsfähigkeit der Organisation steigern. So zumindest lauten die Begründungen für das hohe Interesse an einem Pulscheck. Allerdings haben zahlreiche Studien gezeigt, dass er nur in rund 20 Prozent der Fälle brauchbare Ergebnisse bringt.
Das ist nicht so verwunderlich, denn was hat Zufriedenheit mit Leistungsbereitschaft zu tun? Was ist überhaupt Mitarbeitermotivation und wie drückt sie sich aus? Durch Begeisterung für Arbeit? Innere Zufriedenheit? Und ist der Grad dieser Zufriedenheit ein geeigneter Indikator für sinkende Fluktuation, steigende Motivation und bessere Leistung?
Es gibt weitere Fragen, die Anlass geben, an der Aussagekraft und Wirkung von Mitarbeiterumfragen zu zweifeln:
- Die Standardtools für solche Umfragen erfassen entscheidende Faktoren nicht, die Einfluss auf die Motivation haben: „Passen die Kompetenzen zu der Aufgabe, die ich habe?“, „Wie verhält sich meine Führungskraft?“, „In welcher persönlichen Situation befinde ich mich gerade?“
- Mitarbeiter, die sich mit solchen Fragezeichen im Hinterkopf an eine Umfrage heranmachen, finden sich in dieser nicht wieder. Ihr individuelles Befinden können sie dann rasch zur Wahrnehmung der Situation im Unternehmen überhöhen.
- Umfragen spiegeln Wahrnehmungen wider, verraten aber nichts über deren Ursachen. Deshalb wird in manchen Umfragen nach Gründen für fehlendes Engagement gefragt. Doch den meisten Mitarbeitern fällt es schwer, eine solche Diagnose zu stellen – das ist auch nicht deren Job, sondern Führungsaufgabe.
Zahlreiche handwerkliche Mängel kommen hinzu:
- Zu viele Fragen, was die Ernsthaftigkeit der Beantwortung beeinträchtigt.
- Die Qualität der Fragen lässt zu wünschen übrig. Was fange ich beispielsweise an mit einem schlechten Ergebnis zur Aussage: „Ich habe Vertrauen in die Führungskräfte unseres Unternehmens“?
- Oft haben Umfragen keine greifbaren Konsequenzen. Eine Studie von Professor Peter Cappelli der Wharton Business School belegt: Mangels Vertrauen in die Wirkung von Mitarbeiterumfragen nehmen rund 70 Prozent aller Mitarbeiter gar nicht erst an daran teil, 30 Prozent halten sie für sinnlos.
Warum dennoch gerade jetzt so viele Unternehmensleitungen auf solche Umfragen drängen? Man will den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gerade in Zeiten von Unsicherheit das Gefühl geben, gehört zu werden. Wollen wir sie also beruhigen? Oder erwarten wir von ihnen Antworten, die wir selbst nicht haben? Wenn wir nicht von vornherein wenigstens eine Ahnung davon haben, was wir uns von den Antworten erhoffen, sollten wir besser keine Fragen stellen. Sonst stochern alle gemeinsam im Nebel. Das verstärkt die Orientierungslosigkeit exponentiell.
Erfolgversprechender als allgemeine Umfragen sind häufigere und zielgerichtete Blitzlichtumfragen zu akuten Themen über Open-Source-Umfragetools: „Welche Kompetenzen möchtest Du verstärken, damit Du Deine neuen Aufgaben erledigen kannst?“, „Kannst Du Deine Probleme mit Deiner Führungskraft teilen? Wenn nicht, warum nicht?“, „Nenne eine Frustration, die Du in Deinem Arbeitsalltag erlebst und von der Du glaubst, dass Deine Führungskraft sie beseitigen kann!“ Aus den Antworten pickt sich die Unternehmensleitung ein Thema heraus – zum Beispiel die Feedbackkultur im Unternehmen –, kommuniziert dessen Verbesserung als Vorhaben für die nächsten sechs Monate und kündigt konkrete Weiterbildungsinitiativen dazu an.
Letztlich geht es bei Mitarbeitermotivation um die erstaunlich einfache und zugleich so herausfordernde tägliche individuelle Führungsaufgabe jedes Teamleiters und jeder Teamleiterin. Ein einfaches Unterstützungstool ist Veemind, aber oft hilft auch schon die ernst gemeinte Frage am Morgen an der Kaffeemaschine: „Wie geht es Dir? Was beschäftigt Dich?“